Ist der Tarif im ÖPNV ein mächtiges Tool für die Verkehrswende?
Zum 20-jährigen Bestehen des flächentechnisch größten Verkehrsverbundes VBB fand am 6. Juni der VBBimPuls am euref-Campus in Berlin statt. Zu den Auswirkungen tariflicher Veränderungen auf die Fahrgastzahlen sowie Ausgestaltungsmöglichkeiten des Tarifs diskutierten neben Vertretern aus Wirtschaft und Politik auch die anwesenden Zuhörer. civity wurde bei der Veranstaltung von Herrn Friedemann Brockmeyer vertreten.
Unter der Moderation von Welt-Journalist Nikolaus Doll unterhielten sich VBB-Chefin Susanne Henckel, VOR-Chef Thomas Bohrn, civity-Projektleiter Friedemann Brockmeyer, VVS-Chef Horst Stammler, Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/Die Grünen) und Dr. Martell Beck (BVG) zu unterschiedlichen push- und pull-Maßnahmen um die Verkehrswende zu beschleunigen.
Neben der Vorstellung und kritischen Hinterfragung von Tarifprodukten wie dem Wiener-Modell oder dem neueingeführten VBB Firmenticket wurden auch zugehörige Disziplinen wie Vertrieb und Kommunikation beleuchtet. Unter den Teilnehmern herrschte generelle Einigkeit dahingehend, dass tarifliche Anpassungen eine relevante Stellschraube sind um Fahrgastzahlen zu steigern. Jedoch gab es auch Zustimmung zur Aussage von Dr. Beck, dass „Preis allein […] nicht das Allheilmittel“ sei. Ein bezahlbares Ticket ziehe nur dann die Fahrgäste an, wenn auch das Angebot stimmt. Hierfür müssen zuerst Investitionen in die Infrastruktur getätigt sowie neue Fahrzeuge beschafft und Personal ausgebildet werden, um die ohnehin schon hohe Auslastung besonders zu Stoßzeiten bewältigen zu können. Herr Brockmeyer erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass durch die Einführung eines 365-Euro-Tickets Einnahmeverluste für die Verkehrsunternehmen entstehen, welche dauerhaft ausgeglichen werden müssen, um die Daseinsvorsorge sicherzustellen. Somit fehlt Geld zur Investition in die oben genannten Bereiche.
Mit Blick auf die Zukunft wünschen sich einige Teilnehmer eine stärkere Zusammenarbeit mit der Bundespolitik und prophezeien eine baldige Verbesserung des Verbund-Flickenteppichs durch Zusammenschluss oder -arbeit der einzelnen Verbünde wie etwa in Baden-Württemberg. Hinzu sollen immer mehr und einfachere E-Tarife kommen, die Pönalisierung von Autofahrern etwa durch gezielte Parkraumbewirtschaftung sowie der Anschluss der ersten und letzten Meile um immer mehr Bürger/-innen für den ÖPNV zu begeistern.