Routing Services – Möglichkeit zur Manipulation der Verkehrsmittelwahl?
Algorithmen sind die Zahnräder der Gegenwart – mit ihnen lassen sich Geschäftsmodelle entwickeln und aufbauen, die kundenzentriert sind und echten Mehrwert bieten. Doch auch die Manipulation und der Umgang mit Algorithmen ist zu Recht immer wieder Thema. Diesem widmeten sich Andreas Wolf, Andre Klein und Benno Bock zusammen mit Anna Fechner, die die Ergebnisse der Analyse auf der 8th Florence Conference on the Regulation of Infrastructures vortrug. Ihr Schwerpunkt: Die Algorithmen von Routenplanern und die darin liegenden Risiken für Individuen und Städte z. B. durch Manipulation zugunsten des Autoverkehrs – oder zu Lasten des ÖPNV.
Ihre Analyse zeigt, dass sich die berechneten Reisezeiten, die über Datenschnittstellen für identische Abfragen wiedergegeben werden, sowohl zwischen einzelnen Teilbereichen als auch zwischen Verkehrsträgern systematisch unterscheiden. Woher diese Unterschiede genau herrühren, ist dabei noch unklar. Bedenklich ist diese Entwicklung vor allem deshalb, weil Nutzer/innen ab einem gewissen Nutzungsgrad Angebote von Routenplanern nicht mehr subjektiv überprüfen. Fazit: Wenn ein Routingdienstleister die Wahl des Verkehrsträgers zwischen z. B. motorisiertem Privatverkehr und dem ÖPNV systematisch beeinflussen will, wäre dies somit fast unmerklich möglich.
civity verglich im vorgestellten Kontext drei der führenden Routing-API-Dienste im ÖPNV – Google, Here und Bing. Alle Angebote sind weltweit verfügbar und beinhalten z. T. Echtzeitinformationen über Straßenverkehr und Nahverkehrsabfahrtszeiten.
Die Entwicklung der beschriebenen Routinganalyse ist Teil des aktuellen Forschungsprojektes „xMND“, das im Rahmen der „mFUND-Projekte“ durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert wird.
Die Schlussfolgerung der Analyse ist, dass sich Politik, Kommunen und ÖV-Unternehmen nicht erst in Zukunft, sondern schon jetzt den Auswirkungen von Algorithmen auf die Alltagsmobilität widmen sollten. Eine Sensibilisierung für die Thematik sowie vertiefende Studien sind nötig. Die begrenzten Handlungs- und Kooperationsmöglichkeiten gegenüber den Routingdienstleistern sollten voll genutzt werden.