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Friederike Lauruschkus im Interview zur aktuellen civity Studie

Im Gespräch mit Katja Diehl berichtet Friederike Lauruschkus, Gründerin und Partnerin bei civity, über die Erkenntnisse aus matters no. 3 "Eine Frage der Unternehmenskultur – Voraussetzungen für die digitale Transformation von Verkehrsunternehmen". Sie erläutert den Einfluss des "Faktors Mensch" auf die Digitalisierung in kommunalen Unternehmen sowie die Chancen, die eine erfolgreiche Transformation für Kunden und Mitarbeiter mit sich bringt.

Hier gelangen Sie direkt zur Studie „Eine Frage der Unternehmenskultur – Voraussetzungen für die digitale Transformation von Verkehrsunternehmen“.

  • Digitalisierung in der Verkehrswende ist häufig von technischen Gesichtspunkten geprägt – Sie haben sich mit Ihrer Studie auf den „Faktor Mensch“ fokussiert und dabei besonders auf die Unternehmenskultur geachtet – die im Titel aber mit einem Fragezeichen versehen ist. Wie sieht Ihr Fazit aus, wenn Sie es auf zwei Stichpunkte herunterbrechen?

Das Fazit ist simpel und anspruchsvoll zugleich: Der Faktor Mensch entscheidet darüber, ob Digitalisierung erfolgreich ist. Es sind die Menschen in den Unternehmen, die diese Entwicklung gestalten müssen – es sind Menschen, die diese scheitern lassen können. Bei den Hemmnissen der Digitalisierung werden folgerichtig daher auch die „Verteidigung bestehender Strukturen“ und die bestehende Unternehmenskultur benannt. Vor allem letztere scheint noch nicht offen genug für den notwendigen Wandel: Das bereichsübergreifende Handeln zum Wohle des Unternehmens.

  • Die Verkehrsunternehmen wurden von außen betrachtet von der Digitalisierung ihrer Kunden etwas überrollt, zumal sich diese Branche lange Jahre um diesen Part nicht proaktiv kümmern musste. Jetzt wird diese aktiv gestaltet. Wo findet sich diese Transformation in Ihrer Studie wieder?

Ein Faktor, der auffällig ist: Zwei Drittel der befragten kommunalen Unternehmen sehen die Digitalisierung als DAS Thema für zukünftigen Geschäftserfolg an – getrieben vom Kunden (90 Prozent Zustimmung). Das zeigt einen Trend auf: Digitalisierung wird nicht als Selbstzweck verstanden, sondern als essentiell für die zukünftig erfolgreiche Kundenorientierung. Denn der Kunde bewegt sich vollumfänglich in einer digitalisierten Welt, ob als Privatmensch oder Geschäftspartner. Das beeinflusst auch seine Erwartungshaltung gegenüber kommunalen Anbietern. Zugleich bekennt man sich hier jedoch auch dazu, dass das Thema nicht intrinsisch verankert ist. Nur sieben Prozent schätzen den Digitalisierungsgrad ihres Unternehmens als hoch ein. Vielleicht auch, weil Politik und Auftraggeber der Verkehrsunternehmen nicht als Treiber der Digitalisierung wahrgenommen werden. Und an diesen richteten sich Verkehrsunternehmen in der Vergangenheit maßgeblich aus. Jetzt jedoch drängen neue, agile, private/unternehmerisch orientierte Anbieter in den Markt. Diese und die Kunden machen deutlich: Es gibt großen Handlungsbedarf, kundenorientiert zu handeln. Dementsprechend werden vor allem auch vertriebliche Ansätze im Fokus von Digitalisierung gesehen. Sowohl auf technischer als auch auf Produktebene.

  • Von Ihren Erkenntnissen ausgehend: Wo sehen Sie große Chancen, den Wandel zu beschleunigen und die Menschen zu überzeugen, an diesem auch aktiv mitzuwirken? Aktuell ist Digitalisierung in 40 Prozent aller Fälle noch „Chefsache“. Das kann jedoch schädlich sein.

Partizipation an der Gestaltung der Digitalisierung wurde hier als Erfolgsfaktor genauso genannt wie der Wille der Führungskräfte zu Entscheidungen. Diese beiden Aspekte sind meiner Meinung nach auch nicht voneinander zu trennen. Nur wer alle im Unternehmen von den Schritten der Digitalisierung überzeugt (und am überzeugendsten ist immer die persönliche Teilhabe an Veränderung), wird diese erfolgreich implementieren und zu einem Teil der Geschäftsprozesse und Angebote machen können. Jedoch bedarf dies auch eines gewissen Mutes bei den Entscheidungsträgern. Wir alle können nicht prophezeien, was in zehn Jahren richtig sein wird. Diese Gewissheit und planerische Sicherheit ist ein Teil der Vergangenheit, den Verkehrsunternehmen (vielleicht auch schmerzlich) hinter sich lassen müssen. Digitalisierung bedeutet eine höhere Flexibilität, aber eben auch eine notwendige Entscheidungskraft, ohne 100 % Gewissheit sich auf den Weg zu machen.

  • Welche Auswirkungen hat dies auf eine Branche, die sich einem drohendem Fachkräftemangel gegenüber sieht?

Digitalisierung ist auch hier eine große Chance für die Verkehrsunternehmen. Sie kann zum einen bedeuten, dass bereits gewonnene Mitarbeiter zu anderen Tätigkeiten weitergebildet werden, aber auch, dass für Menschen, die sich bisher nicht für diese Branche interessierten, sich Türen öffnen, hier tätig zu sein. Denn es bedarf divers aufgestellter Teams, um den Kunden, vor allem jenen, der heute vielleicht noch im Auto sitzt, zu analysieren und Produkte zu entwickeln, die diesen zum Umstieg in den ÖPNV bewegen. Chance also für beide Seiten.

  • Wie individuell ist der digitale Wandel in den Verkehrsunternehmen? Und was raten Sie Unternehmen, die sich in den Ergebnissen Ihrer Studie wiederfinden?

Mit der aktuellen matters wollten wir genauer reinschauen, wie es in den Verkehrsunternehmen aussieht. Und es zeigt sich eigentlich nichts Überraschendes: Das Unternehmen sieht seine Führungskräfte in der Verantwortlichkeit der Digitalisierung, stellt diesen in der Umsetzung jedoch ein schlechtes Zeugnis aus. Abteilungsübergreifend arbeiten nur 28 Prozent der befragten Verkehrsunternehmen, völlig ohne Verortung ist die Digitalisierung bei 24 Prozent. Das zeigt die Pole, zwischen denen wir uns bewegen. Denn natürlich kann Wandel nur gelingen, wenn er nicht in bestimmten Fachbereichen im Silo entwickelt wird. Zugleich muss es aber auch bereichsübergreifende Treiber geben, die den Prozess und die daran Beteiligten im Blick haben. Hier können wir uns als civity sehr gut in Position bringen, da wir neutraler Begleiter der Transformation sind. Wir bringen unsere externe Expertise für den Prozess und das Branchenumfeld mit und agieren als Mittler zwischen den einbezogenen Abteilungen. Wir glauben, dass Unternehmen, die aktuell noch keine Strategie haben oder in einem Prozess „feststecken“, diesen externen Blick gut ergänzend einsetzen können.