Der Mobilitätspass als effektives Finanzierungsinstrument für die Verkehrswende
In Zeiten rasant steigender Personal- und Energiekosten bei gleichzeitig schrumpfenden Spielräumen in den öffentlichen Haushalten ist es wichtiger denn je, die Finanzierung des ÖPNV in Deutschland auf eine breitere, zukunftsfähige Basis zu stellen. Als ein zentrales Instrument der Drittnutzerfinanzierung stellt der sogenannte „Mobilitätspass“ eine Möglichkeit dar, zusätzliche Mittel zur Finanzierung der Verkehrswende zu generieren und gleichzeitig Anreize für die Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel zu setzen.
Das Land Baden-Württemberg leistet hier echte Pilotarbeit und legt damit den Grundstein für die gesetzlichen und konzeptionellen Grundlagen zur Einführung dieses neuen Finanzierungsinstruments. civity unterstützt das Verkehrsministerium in Stuttgart bei der Konzeptionierung und den modellhaften Berechnungen der Erlöspo-tentiale verschiedener Varianten des Mobilitätspasses.
Innerhalb des letzten Jahres wurden zu diesem Zweck mit 21 Modellregionen aus Baden-Württemberg konkrete Modellberechnungen zum Mobilitätspass durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass bereits mit geringen monatlichen Abgabenhöhen von 10 Euro ein- bis zweistellige Millionenbeträge pro Jahr für den Ausbau des ÖPNV generiert werden können. Durch die Erhebung entstehende Kosten für Technik und Verwaltung in den Modellberechnungen sind dabei bereits berücksichtigt.
Neben der Finanzierungswirkung entfaltet der Mobilitätspass auch eine erhebliche Lenkungswirkung: im Gegenzug zur Abgabe erhalten die Bürger:innen ein Mobilitätsguthaben für den ÖPNV in gleicher Höhe – die Nutzung von Bus und Bahn wird so also preislich attraktiver. Im Projekt wurden unterschiedliche Varianten des Mobilitätspasses betrachtet: Einwohner:innenbeitrag, Kfz-Halter:innenbeitrag, Arbeitgeberabgabe und die Straßennutzungsgebühr. Das Konzept und die Funktionsweise des Mobilitätspasses sind in der oben dargestellten Abbildung erläutert (zum Nachlesen auch hier).
Die Landkreise und Städte in Baden-Württemberg können bei einem landesweiten Angebot zur Einführung des Mobilitätspasses jeweils entscheiden, ob und in welcher Variante dieser umgesetzt werden soll.
Als Hilfestellung für die Kommunen bei der Auswahl einer der vier Varianten hat civity Auswertungen nach Raumtypen in Baden-Württemberg durchgeführt. Die Modellberechnungen zeigen: je nach Variante und Raumtyp der betrachteten Kommune las-sen sich unterschiedlich hohe Finanzierungsbeträge erzielen. In Großstädten und verdichteten Räumen können insbesondere Straßennutzungsgebühr und Arbeitgeberabgabe eine hohe Finanzierungswirkung entfalten, wohingegen in ländlicheren Räumen der Einwohner:innen- und Kfz-Halter:innenbeitrag wirkungsvoller sind. Je nach Anzahl der Abgabenpflichtigen variieren die jährlichen Einnahmepotenziale des Mobilitätspasses zwischen ein- und zweistelligen Millionenbeträgen je Kommune bei einer monatliche Abgabenhöhe von 10 Euro.
Nach Abschluss der ersten Projektphase steht nun die Erarbeitung einer Umsetzungskonzeption für den Mobilitätspass im Mittelpunkt. Entscheidend ist dabei vor allem die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen, um Kommunen die Einführung des Mobilitätspasses zu ermöglichen. Dies soll im Laufe des Jahres 2023 erfolgen, so dass die Kommunen den Mobilitätspass voraussichtlich 2024 einführen können.
Detaillierte Informationen zum Projekt erhalten Sie auch auf der Homepage des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg, weitere Hintergründe zum Thema Drittnutzerfinanzierung im ÖPNV und den vier Varianten des Mobilitätspasses zudem in unserer frei verfügbaren Studie matters no. 4, die wir gemeinsam mit BBG und Partner erarbeitet haben.