Finanzierung der Verkehrswende: Vorstellung alternativer ÖPNV-Finanzierungsformen für die Stadt Frankfurt
In Zeiten knapper öffentlicher Kassen braucht es neue Finanzierungspotenziale. traffiQ, die Nahverkehrsgesellschaft der Stadt Frankfurt am Main, hat hierzu bei civity und BBG und Partner eine Studie in Auftrag gegeben, die mögliche Finanzierungsinstrumente und -potenziale erkundet und bewertet.
Untersucht wurden sechs Instrumente der „Nutznießerfinanzierung“ aus finanzieller sowie rechtlicher Perspektive. Die Instrumente können dabei entweder einen direkten Beitrag zur Finanzierung des ÖPNV leisten, oder den städtischen Haushalt an anderer Stelle entlasten. Das bedeutet, dass künftig auch Firmen oder Personen, die vom guten ÖPNV-Angebot in Frankfurt profitieren, ohne dass sie es selbst nutzen, einen Beitrag leisten. „Von den sechs Instrumenten, die wir zur Nutznießerfinanzierung des ÖPNV untersucht haben, können nach aktueller Abschätzung alle einen Beitrag zur Verkehrswende leisten. Zur Finanzierung des ÖPNV bieten jedoch die Instrumente Arbeitgeberbeitrag und City-Maut ein besonders hohes Potenzial. Dabei sticht der Arbeitgeberbeitrag durch die einfache Umsetzbarkeit mittels einer Gesetzesänderung auf Landesebene deutlich heraus. Hinzu kommt der Anreiz zur Nutzung eines Jobtickets durch die hiesigen Unternehmen“, fasst Studienleiter Friedemann Brockmeyer von civity zusammen.
Der anrechenbare Arbeitgeberbeitrag wurde dabei nach Vorbild der Wiener Dienstgeberabgabe entwickelt, welche dort bereits seit den Neunzigern wesentlich zur Finanzierung des U-Bahn-Ausbaus beiträgt. Die Abgabenhöhe richtet sich dabei nach der Anzahl der Beschäftigten des jeweiligen Betriebes und wird in Form einer monatlichen Abgabe der in der Stadt ansässigen Unternehmen erhoben. Stellt der Arbeitgeber seinen Mitarbeitenden ein Jobticket zur Verfügung, wird dies im Modell des anrechenbaren Arbeitgeberbeitrags zusätzlich auf die Abgabe angerechnet. Unsere Studie rechnet dabei mit einem Beitrag von zwei Euro pro Mitarbeitenden und Woche. Für Firmen, die ihren Mitarbeitenden ein Jobticket zur Verfügung stellen, würde nur ein Euro fällig. Damit entsteht ein zusätzlicher Anreiz zur Jobticket-Nutzung. In Summe gehen wir von einem Finanzierungspotenzial für Stadt und Verkehrsunternehmen von rund 65 Millionen Euro pro Jahr aus.
Die weiteren fünf untersuchten Instrumente sind die City-Maut, die rund 47,6 Millionen Euro jährlich einbringen würde. Eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung würde 7,7 Millionen Euro pro Jahr erlösen. Ein Gästebeitrag, der pro Übernachtung anfiele und mit einer Fahrberechtigung für den ÖPNV einhergehen würde, brächte 3,8 Millionen Euro jährlich. Über die Stellplatzablöse könnten 2,9 Millionen Euro pro Jahr generiert werden. Über städtebauliche Verträge, also der Beteiligung von Investoren oder Immobilieneigentümern im Umfeld von neuen Siedlungsgebieten an den Kosten eines direkten ÖPNV-Anschlusses, würden eine Million Euro jährlich einbringen.
Die Ergebnisse berücksichtigen dabei insbesondere die aktuellen Entwicklungen in Frankfurt und darüber hinaus. So sind beispielsweise die Auswirkungen des Deutschland-Tickets in die Abschätzung der Potenziale mit eingeflossen. Durch den immer enger werdenden eigenen Spielraum bei Festsetzung der Tarife gewinnen die Finanzierungsinstrumente zudem weiter an Bedeutung. Gleichzeitig gehen andere Bundesländer wie Baden-Württemberg erste konkrete Schritte, um die Drittnutzerfinanzierung für Kommunen rechtlich zu ermöglichen.
Die Ergebnisse der Studie stellte der Frankfurter Mobilitätsdezernent, Stadtrat Wolfgang Siefert, am Montag, 20. November 2023, der Öffentlichkeit vor. „Den Öffentlichen Personennahverkehr zu stärken, also mehr Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV zu bewegen, ist das gemeinsame Ziel von Landesregierung und Stadt Frankfurt am Main. Um ein gut ausgebautes Netz mit modernen und komfortablen Fahrzeugen und Haltestellen bieten zu können, braucht es eine ausreichende, zuverlässige Finanzierung. Die Stadt Frankfurt am Main bezuschusst den ÖPNV mit über 200 Millionen Euro pro Jahr. Dennoch werden mehr Mittel von Bund und Land benötigt, oder es muss uns ermöglicht werden, alternative Mittel zu erschließen“, so Siefert.
Die vollständige Studie finden Sie hier auch zum Download sowie auf der Webseite von traffiQ.