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Zeitenwende für die Mobilitäts- und Infrastrukturwirtschaft

Wenn wir jetzt am Ende des Jahres auf die Ereignisse der vergangenen elf Monate zurückblicken, erkennen wir, dass die multiplen Krisen des Jahres 2022 die Mobilitäts- und Infrastrukturwirtschaft weit mehr verändern werden als die Ereignisse des Frühjahrs 2020.

Ein Kommentar von Friedemann Brockmeyer:

Wie in der Coronakrise waren die Veränderungen absehbar. Der Überfall Russlands auf die Ukraine, die weiter gestörten Lieferketten und die daraus resultierende deutliche Zinswende wirken auch hier wie ein Katalysator und sorgen für eine Beschleunigung der Herausforderungen in der Mobilitäts- und Infrastrukturwirtschaft.

Die angebotsseitigen Preissteigerungen durch gestörte Lieferketten treffen die Mobilitätswirtschaft unmittelbar. Bei unseren Kunden beobachten wir Preissteigerungen für Fahrzeugneubeschaffungen von 50 bis 70 %. Die Effekte durch die Dekarbonisierung der Flotten kommen da noch dazu.

Die Lohnstückkosten sind schon dieses Jahr aufgrund einer massiv gesunkenen Personalverfügbarkeit aufgrund hoher Krankenstände explodiert. Durch die erwartbaren hohen Tarifabschlüsse wird das hohe Niveau auch bei deutlich niedrigeren Krankenständen nicht wieder sinken.

Auch die Kosten für Energie unabhängig, ob Elektrizität, Wärme oder Treibstoffe, werden aufgrund der ausbleibenden Investitionen in fossile Brennstoffe und noch sehr teurer Investitionen in erneuerbare Energien mittelfristig hoch bleiben. Die Konsequenzen des russischen Überfalls sind hierbei nur Katalysator, nicht Auslöser und eigentliche Ursache.

Hinzu kommt die einfache Wahrheit, dass Geld wieder Geld kostet. Während in den letzten zehn Jahren die kommunalen Haushalte aufgrund der geringen Zinsen saniert werden konnten und der öffentliche Verkehr und die öffentliche Infrastruktur stark profitierte, werden die Finanzierungsspielräume insbesondere der Kommunen nun wieder enger, bei gleichzeitig deutlich steigenden Kapitaldienstkosten für die Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen.

Gleichzeitig nehmen einige Bundesländer erstmals Geld in die Hand, um den öffentlichen Verkehr – oder genauer: das Deutschlandticket – zu finanzieren. Dieses Ticket wird ohne jeden Zweifel die deutsche Verbund- und Tariflandschaft auf den Kopf stellen. Es wird aber auch das Finanzierungs- und Machtgefüge im öffentlichen Verkehr nachhaltig verändern. Bund und Länder werden deutlich stärker in die Finanzierung einsteigen müssen, nicht nur um das Angebot auszubauen, sondern erst einmal ausschließlich, um den Bestand zu erhalten.

Aber auch die Unternehmen, Aufgabenträger und Verkehrsverbünde auf der lokalen Ebene sind jetzt gefragt. Es geht nun darum die eigene Strategie und Rolle im neuen fluiden Marktgefüge zu formulieren, neue Finanzierungsquellen zu erschließen, Personalverfügbarkeit durch moderne Anreiz- und Arbeitszeitmodelle zu stabilisieren und nachhaltig zu erhöhen, die Finanzierung von Fahrzeugen und Anlagen außerhalb der Querverbünde zu denken und das oft historisch gewachsene Angebot dahingehend zu überprüfen, ob mit der bestehenden Fahr- und Dienstplanmasse nicht bereits ein besseres, nachfragesteigerndes Angebot möglich ist.

Am wichtigsten ist es aber, die Menschen in den Unternehmen und Institutionen mitzunehmen und Ihnen Orientierung und Sicherheit zu geben: Was sind die Aufgaben der Mitarbeiter:innen der Verkehrsverbünde nach der Einführung des Deutschlandtickets? Wo können Sie mit ihrem Wissen und ihren Kompetenzen helfen, um die Verkehrswende voranzubringen? Wir können wir Krankenstände senken und neue Mitarbeiter:innen gewinnen? Wie befähigen wir Organisationen, die Chancen von Digitalisierung und Automatisierung zu nutzen? Wie gestalten wir Anreiz- und Governance-Systeme, um Infrastruktur und Dienstleistungen effizienter bereitzustellen?

Hierzu finden Sie auf unserer Webseite einige Beispiele aus unserer Beratungspraxis. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!